Im Gehirn gibt es keine Schubladen, zumindest anatomisch betrachtet.

Dort tummeln sich Großhirn, Mittelhirn, Zwischenhirn und das Kleinhirn. Der Hypothalamus, die Brücke, die Hypophyse, das verlängerte Rückenmark. Der Riechkolben, das limbische System, dass Broca- und das Wernicke Sprachzentrum, diverse Lappen, der Türkensattel, das Aquaedukt, die Kleinhirnmandeln und noch so vieles mehr! Das Gehirn ist außerordentlich komplex aufgebaut, sein Kraftstoff ist Glukose und es verfügt über eine effiziente Firewall, die Blut-Hirn-Schranke; es ist sozusagen ein Luxusorgan.

Das Leben auf der Erde ist uralt, mehrere Milliarden Jahre. Wir alle tragen diese Geschichte ins uns, denn wir bestehen aus Zellen und diese wiederum reichen bis zu den ersten Anfängen des Lebens zurück. Vor etwa 80.000 Jahren haben wir ein denkendes Hirn entwickelt. Wie es dazu kam? Unser Gehirn hat sich größenmäßig beinahe verdoppelt. Clever wie die Natur nun mal ist, hat es den Platz im knöchernen Schädel optimal genutzt, indem das Gehirn sich in Falten, bzw. Windungen legt, die sog. Gyri. Und so kam es, dass wir auf einmal komplex denken konnten. Wir begannen zu folgern und evaluieren.

Unser Gehirn besteht aus unverstellbar vielen Nervenzellen, den sog. Neuronen. Etwa eine Milliarde bis einer Billionen Nervenzellen tummeln sich in unserem Kopf. Diese Zellen nehmen nicht nur eine Unmenge von Informationen aus der Umwelt und dem Gesamtorganismus auf, all diese Reize müssen auch verarbeitet werden. Wer es gerne technisch mag: angeblich verfügt ein Gehirn über wenigstens 1.000 Gigabyte, wobei diese Einschätzung wohl schwierig zu beweisen sein dürfte. Zurück zu den Reizen, was macht das Gehirn damit? U.a. bewertet es diese und speichert das Erlebte ab, um immer schneller und effizienter darauf reagieren zu können. Wir lernen also dazu. Die Neurone betreiben untereinander Networking vom Allerfeinsten. Hierzu bedarf es Überträgerstoffe, den Neurotransmittern. Überwiegend bestehen diese aus Aminosäuren. Einer der populärsten dürfte derzeit wohl das Serotonin sein.

Das Gehirn lernt, denkt und fühlt jedoch nicht nur, es reguliert auch den Organismus und steuert, ähnlich wie ein Dirigent das Orchester, den Metabolismus. Mikrobiologisch betrachtet gleicht der Körper nämlich durchaus einem Irrenhaus. Jeder überschreit jeden, hält sich für den wichtigsten Part und versucht den Laden zu rocken. Raffiniert wie die Natur ist, gibt es daher Regelkreise, die mehrheitlich vom Gehirn überwacht und gesteuert werden. Der Stoffwechsel lässt sich mit einem Uhrwerk vergleichen, bei dem ein Rädchen ins andere greift und somit auch das kleinste alles beeinflusst. Einiges, was unwillkürlich abläuft, können wir in einem gewissen Rahmen willkürlich, also bewusst regulieren. Zum Beispiel die Atmung. In dem Fall überstimmt die Großhirnrinde das Kleinhirn, in welchem das Atemzentrum residiert. Wie erwähnt, steuert das Gehirn aber schlussendlich nicht alles. Zum Beispiel schlägt das Herz autonom. Der Parasympathikus und der Sympathikus, welche das Vegetativum bilden und ihren Ursprung im Gehirn haben, wirken hier lediglich modulierend.

Humor, Empathie und Kreativität sind neuronale Leistungen. Wir alle besitzen die Fähigkeit zur Aneignung und Nachahmung, was erst einmal nicht sonderlich individuell klingt, jedoch ist dies der Grundstein der Kreativität. Durch Nachahmung lernen wir. Es ist die Phase des Übens durch die Wiederholung und schließlich der Verfeinerung der entsprechenden Fähigkeiten. Unsere Umwelt inspiriert uns und irgendwann entsteht aus dem, was wir aufgesaugt haben vielleicht etwas Neues. Das Gesammelte wird neu geordnet und wir fügen unsere ganz eigene Note hinzu. Die treibende Kraft bei der Kreativität, der entscheidende Funke, der alles entstehen lässt, ist das Unbewusste. Damit dieses zu Werke schreiten kann, brauchen wir Ruhe und Abstand zum Geschehen. Das Aufgenommene braucht Zeit zum Sacken und Reifen. Wer kennt das nicht: Manchmal grübelt man unendlich über ein Problem, dreht sich gedanklich im Kreis, verheddert sich und dann, wenn man gar nicht mehr daran denkt, gerade mal den Kopf frei hat, erkennt man plötzlich die Lösung oder hat die zündende Idee.

Aber auch ein Luxusorgan kann sich mal irren. Jeder nimmt Informationen bis zu einem gewissen Grad auf, auch die von anderen. Es kann vorkommen, dass wir uns zum Beispiel nicht sicher sind, woher wir etwas wissen, ob es gelesen, gehört, erzählt oder gar geträumt wurde oder wir halten etwas, dass wir vielleicht irgendwo gelesen haben für unseren eigenen Gedankengang. Dieses Phänomen heißt Quellenamnesie.

Wir alle leben und lernen und verfügen zum Glück über die Fähigkeit uns weiter zu entwickeln, ganz egal ob schnell oder eher langsam. Hierbei kann es helfen neugierig zu sein, offen und „locker im Kopf“ zu bleiben, die eigene Meinung oder Perspektive auch einmal zu hinterfragen und weder sich selbst noch andere in Schubladen zu stecken. Von Kindern kann man hier sehr viel lernen. Oder wie es George Bernard Shaw einst formulierte:” Der Nachteil der Intelligenz ist, dass man ununterbrochen gezwungen ist dazu zu lernen”.

 

#neverstopexploring