Es gibt unendlich vieles im menschlichen Körper und der Natur was mich fasziniert, begeistert und immer wieder aufs Neue staunen lässt.

Hier eine kleine aber feine Auswahl: Wir besitzen ca. 2 Quadratmeter Haut. Unsere inneren Körperoberflächen sind zum Teil um ein Vielfaches größer. Die Lunge mit den Lungenbläschen ist etwa 100 Quadratmeter groß und der Darm mit seinen Falten, Zotten und winzigsten Härchen etwa 500 Quadratmeter, vielleicht sogar noch deutlich mehr. „Gekröse“ ist tatsächlich kein umgangssprachlicher, sondern ein medizinischer Fachbegriff. Gemeint sind die Bänder, die verschiedene Darmabschnitte im Bauchraum befestigen. Zu meinen persönlichen Favoriten zählt auch eine Entdeckung aus dem Jahre 2010. Unser Speichel enthält Opiorphin, ein Endorphin, dem sowohl antidepressive als auch schmerzstillende Wirkung nachgesagt werden. Es wirkt noch stärker als Morphium und wird in winzig kleinen Mengen ausgeschüttet. Und zu guter Letzt: das grüne Farbpigment der Pflanzen ist Chlorophyll und ähnelt chemisch dem Hämoglobin, welches das Eisen in unserem Blut transportiert und diesem somit die rote Farbe verleiht.

Es gibt die Liebe auf den ersten Blick, vielleicht stellt man auf den zweiten fest, dass nicht alles Gold ist was glänzt. Dann gibt es die Liebe, die ganz klein beginnt, unmerklich, von der man vielleicht gar nicht weiß, wann sie begonnen hat und die mit Kennen und Wissen einhergeht. Ganz ähnlich erging es mir mit der Leber, der Funke sprang nicht sofort über. Doch je mehr ich über den menschlichen Körper lernte und Zusammenhänge zunehmend begriff, desto mehr wuchs mir die Leber ans Herz. Letzteres ist natürlich metaphorisch zu verstehen, denn die Leber liegt im rechten Oberbauch und ist mit dem Zwergfell verwachsen.

Mit der Atmung wird die Leber nach oben und unten bewegt. Sie ist die größte Verdauungsdrüse des Körpers und wiegt ca. 1.500 bis 1.800 Gramm. Die Leber ist vielseitig, sie leistet tagtäglich schier Unglaubliches. Zu ihren Aufgaben gehören Speicherfunktionen, u. a. für Vitamin K, B12, Eisen und Kupfer. Sie entgiftet den Organismus, indem sie zum Beispiel Alkohol, Medikamente und andere Noxen abbaut, und ist an der Vitamin D Bildung beteiligt. Stoffwechsel bedeutet Aufbau, Abbau um Umbau von Stoffen, hier hat die Leber die Nase ganz weit vorn. Sie ist unser Hauptstoffwechselorgan. Konkret bedeutet dies, dass die Leber Proteine synthetisiert und abbaut. Auch ist die Leber am Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel beteiligt. In der Leber werden u. a. Gerinnungsfaktoren synthetisiert, Albumine – unsere kleinsten Eiweiße – und die Akute-Phase-Proteine. Zudem produziert die Leber die Galle. Wen diese kurze Stellenbeschreibung der Leber noch wenig beeindruckt, der kann noch folgendes auf sich wirken lassen:

Als einziges Organ besitzt die Leber die Fähigkeit nach einer Teilentfernung nachzuwachsen. Rund 2.000 Liter Blut strömen täglich durch die Leber. Sie reinigt unser Blut, von dem, was uns nicht guttut, und verstoffwechselt das, was uns nützt und nährt. Enzyme sind Biokatalysatoren, ohne sie wäre Leben gar nicht möglich. Besonders viele tummeln sich davon in der Leber. Die jeweilige Ausstattung ist sehr individuell, was auch ein Grund dafür ist, warum Medikamente unterschiedlich gut vertragen werden. Die körpereigenen Geschlechtshormone der Frau, Östrogene und Gestagene, werden im Picogramm Bereich synthetisiert. Die „Pille“ enthält synthetische Hormone im Mikrogramm Bereich. Das bedeutet das eine Pille etwa die 1.000 bis 100.000 fache Menge des Physiologischen enthält. Nun kommt die Großartigkeit der Leber ins Spiel, denn sie baut das Übermaß fleißig ab. Welche Menge am Ende dann tatsächlich wirkt, ist individuell durchaus verschieden und hängt vom Stoffwechsel ab.

Wäre die Leber ein Mensch, dann vielleicht der beste Kumpel, der nach der Party ohne groß zu murren zuverlässig als Erster aufräumt, obwohl er selbst kräftig mitgefeiert hat. Es ist die Leber die häufig in die Presche springt und kompensiert. Wird zum Beispiel die Milz entfernt, übernimmt die Leber einfach teilweise deren Aufgaben.

Eine aus dem Lot geratende Darmflora, die immerhin bei einem Erwachsenen rund 700 Gramm wiegt, kann die Leber fordern. Hier ein Beispiel von vielen: Biotechnologisch eingesetzte Hefen produzieren pro Stunde ca. 0,2 -1ml hundertprozentigen Alkohol. Ist der Darm mit Candida (Arten) überwuchert hat man ggf. seine eigene kleine Brauerei im Bauch. Unter den aneroben Bedingungen im Darm und der Zufuhr von Kohlenhydraten produziert Candida Alkohol und Fuselöl, beides wird von der Leber abgebaut. Dies kann dazu führen, dass bei Menschen, die kaum oder gar keinen Alkohol zu sich nehmen bestimmte Leberwerte erhöht sind, die das Gegenteil vermuten lassen.

Und die Moral von all dem? All die kleinen und großen Versuchungen im Alltag, die kleinen und vielleicht größeren „Sünden“ hätten ohne eine intakte Leber eine ganz andere Wirkung auf den Organismus. Der irische Lyriker Oscar Wilde hatte übrigens seine ganz eigene Sicht auf Versuchungen, um ihn zu zitieren: „Es gibt schreckliche Versuchungen und es erfordert Kraft, Kraft und Mut, ihnen nachzugeben“.

#hochleistungsorgan