Das Gute an Gefühlen ist: sie sind temporär. Das Schlechte an Gefühlen ist: sie sind temporär.

Viele Wege, so sagt man, führen nach Rom; zum Glück wohl auch. Als ich neulich Google nach dem Weg zum Glück befragte, erhielt ich ungefähr 56.400.000 Ergebnisse. Einer der mir ins Auge sprang und mich spontan zum Lachen brachte, war ein Song aus dem Jahr 1963 mit dem Titel: „If you wanna be happy“ von Rafael de León. Die Botschaft dieses Liedes ist ebenso schlicht wie ungewöhnlich: „Wenn Du glücklich sein willst, für den Rest Deines Lebens, denn heirate nie eine schöne Frau!“ Doch einmal abgesehen von diesem konkreten Vorschlag, kam ich nicht umhin mich zu fragen, was macht uns eigentlich glücklich?

Betrachtet man Glück aus der biochemischen Perspektive, lautet die vereinfachte Antwort, dass es für diese Empfindung den richtigen „Cocktail“ aus bestimmten Botenstoffen im Gehirn braucht. Wie so häufig in der Biologie und dem Leben überhaupt, macht es also die richtige Mischung. Dopamin zum Beispiel spielt bei der Produktion von Endorphinen eine Rolle. Außerdem bedient es das mesolimbische System, unser positives Belohnungszentrum. Dopamin ist unsere körpereigene „Droge“, nach der wir gelegentlich ein bisschen süchteln, in Form von schneller Belohnung und höher, schneller, weiter. Oxytocin, das sog. „Kuschelhormon“ macht uns vertrauensvoller und entspannter. U. a. unterstützt es die Fähigkeit zur Monogamie. Serotonin sorgt für Ausgeglichenheit und die gute Laune. Es unterstützt die nicht ganz unwichtige Fähigkeit einen inneren Abstand zu den Stolpersteinen des Alltags zu wahren, es macht entspannter. Das Gen SLC6A4 sorgt schlussendlich dafür, dass Serotonin an die Nervenzellen weitergeleitet wird. Dieses Gen gibt es in einer Lang- oder Kurzform. Menschen mit der genetischen Langform haben mehr Serotonin in den Zellen als diejenigen mit der Kurzform. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass unser Glück auch in unseren Genen liegt.

Wenn unser Glück also möglicherweise zum Teil in unserer Biologie liegt, was ist dann mit den Umweltbedingungen? Mit dieser Frage beschäftigt sich auch die Glücksforschung. Sie hat verschiedene Faktoren beleuchtet und definiert, die zum persönlichen Glück beitragen können: Freundschaft, Geselligkeit, eine stabile dauerhafte Beziehung, Gesundheit, ausreichend Geld zur Erfüllung der Grundbedürfnisse, Kinder und einen Beruf, der den eigenen Fähigkeiten gerecht wird.

Doch warum streben wir regelrecht nach dem Glück? Mutter Natur hat uns einen riesigen Überlebenswillen eingepflanzt. Dementsprechend auch eine ebenso große Angst vor dem Tod. Unsere Fähigkeit zu fühlen ist für uns essentiell. Es sind die Gefühle, die uns im Leben antreiben etwas zu tun, zu lassen oder gar den ein oder anderen „Berg“ zu versetzen. Die positiven Gefühle, allen voran das Glück, sorgen dafür, dass wir lebenslustig sind und nicht einfach „nur“ überleben möchten. Die kleine Schwester des Glücks ist die Hoffnung. Fehlt das Glück über längere Zeit, befinden wir uns vielleicht gerade in einer sehr schweren Situation, ist das was uns antreibt die Hoffnung auf Besserung und Glück.

Es ist also eine durchaus logische Konsequenz, dass das Glück einen gigantischen finanzstarken Markt generiert. Eine interessante Kehrseite der Medaille, die in den letzten Jahren in den Fokus gerückt ist, ist die sog. „Toxische Positivität“. Laut der Definition der Psychology Group ist damit eine über das Maß hinausgehende ineffektive Übergeneralisierung eines glücklichen, optimistischen Zustands in allen Situationen gemeint. Führt man diesen Gedanken konsequent fort, kann Glück also auch eine Attitüde sein. Trauer, Verlust, Liebeskummer, Scheitern, all das und noch viel mehr sind ebenfalls Puzzleteile eines erfüllten Lebens. Die großen persönlichen Probleme des Lebens sind gerne vielschichtig und es kann durchaus seine Zeit brauchen um diese „zu knacken“. Nicht immer gelingt es dabei sofort sich auf mögliche positive Aspekte zu fokussieren. An dieser Stelle kommt wieder die Hoffnung ins Spiel.

Noch einmal zurück zur Biologie. Wir haben festgehalten, dass unser Gehirn Belohnung in Form von Dopamin mag, am liebsten zügig. In einer Zeit, in der wir uns überwiegend über ein positives Lebensgefühl definieren und unser Leben und das Erleben zunehmend digitalisiert werden und damit auch scheinbar stets die schnelle Belohnung winkt; wie wichtig ist eigentlich eine gewisse Disziplin für das eigene stabilere Glück? Belohnungsaufschub auszuhalten, diszipliniert auch mal längere Zeit auf etwas hinzuarbeiten, Rückschläge einzustecken, daraus zu lernen und besser weiter zu machen, tragen zu einer inneren Zufriedenheit bei. So manches bekommt oder erreicht man eben nicht schnell und der Weg dahin liegt auch mal gerne außerhalb der eigenen Komfortzone. Dafür ist der Lohn der Mühen umso schöner und erfüllender. Neben der Disziplin braucht es aus meiner Sicht aber auch ein Quäntchen Mut. Denn alles, was es wert ist, dass wir es anstreben, haben oder erleben, birgt auch ein gewisses Risiko in sich. Ein bisschen Mut, ein wenig Disziplin und die Bereitschaft kleine Risiken einzugehen können uns weit bringen.

Seneca der Jüngere war ein römischer Dramatiker, Philosoph und Naturforscher. Er verstarb etwa 65 Jahre nach Christus. So viel man über das Glück auch forschen, spekulieren, philosophieren und schreiben kann; lange vor unserer Zeit brachte er eine einfache Wahrheit auf den Punkt: „Glücklich ist nicht, wer anderen nur so vorkommt, sondern wer sich selbst dafür hält“.